Gedicht zum Steg

Die neue Lippebrücke
flammt in der Sonne Glut.
Die alte fiel in Stücke
wohl in die tiefe Flut.

Die alte Lippebrücke
will mir nicht aus dem Sinn.
Hier spielt im Kinderglücke
ich schon von Anbeginn.

Wo’s hieß für mich: Es werdeda kam Freund Adebar.
Und zog mich auf die Erde
von dieser Brücke gar.

Wie hab‘ ich unverdrossen
an diesem lieben Ort
mit freundlichem Genossen
gar oft gespielt dort.

Der Weg zum Gotteshause
ging über diesen Steg.
Wie oft bin ich vom Haus
gepilgert diesen Weg.

Und dann in späteren Jahren
nannt ich ein Mägdlein mein,
das ist mit mir gefahren
zur Lippe – nicht zum Rhein.

Hier bot es ihre Lippen
mir oftmals hin zum Kuss.
Mein Herz fing an zu wippern
es war ein Hochgenuß.

Meine erste wilde Gans
schoß ich hier zur Stelle.
Und mein seliger Vater Franz
fing hier die Forelle.

Und tat ich Enten jagen,
hat ich auch wohl manchmal Glück,
ich fasste sie beim Kragen
bei dieser alten Brück.

Nun steh ich mit Entsetzen
vor einer „neuen“ noch.
Die „alte“ war in Fetzen.
aber weit schöner noch.

Denke jetzt in meinem Sinn
Herrliches Geländer.
Hier fand ich den Anbeginn
hier find ich mein Ende.

Von Josef Schmidt 21.07.1959